Physiotherapie bei einem kindlichen Schiefhals

Ein Schiefhals, der sich als eine dauerhafte oder vorübergehende Schrägstellung des Kopfes zur einen, bei gleichzeitiger Drehung zur anderen Seite äußert, kann bei Kindern und Säuglingen aus unterschiedlichen Gründen auftreten. Er kann durch die Muskulatur (M. Sternocleidomastoideus) verursacht, angeboren oder durch Geburtstrauma ausgelöst sein. Ein Schiefhals kann dann physiotherapeutisch behandelt werden.
Ein Schiefhals kann auch durch knöcherne Fehlbildungen entstehen, durch muskuläre Spasmen bei neurologischen Erkrankungen ausgelöst werden oder bei einer akuten Problematik der HWS spontan als Symptom auftreten. Es gibt einige weitere Ursachen für den Schiefhals, die weniger häufig auftreten. Eine ständige Schiefhaltung des Kopfes kann langfristig zu einer Fehlstellung kommen, Infektionen oder Narben können für die Fehlhaltung den Kopfes verantwortlich sein. Physiotherapeutisch können vor allem muskuläre, aber auch einige andere Formen behandelt werden.

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Physiotherapie

Ein Schiefhals beim Säugling kann sich sehr negativ auf die Entwicklung des Kindes auswirken und sollte möglichst rasch behandelt werden. In der Schulter-, Nacken- und Halsmuskulatur befinden sich sehr viele Sensoren, die für das Gleichgewicht und die Wahrnehmung über die eigene Körperhaltung von großer Bedeutung sind. Bei Störungen in diesem empfindlichen Bereich sind also auch koordinative und vestibuläre Funktionen gefährdet, es handelt sich nicht allein um eine kosmetische Behandlung.
Die Behandlung beinhaltet mehrere grundlegende Ansätze.

Einmal die Behandlung der betroffenen Strukturen selbst, durch leichte Massagen und sanfte Dehnungsübungen, wichtig auch ist eine globale Bewegungs- und Mobilisationstherapie. Das Kind nimmt, da die physiologische Neutralstellung des Kopfes oft schmerzhaft oder unangenehm für es ist, eine Schonhaltung ein. In der Physiotherapie beim kindlichen Schiefhals wird versucht, durch gezielte Bewegungen und Übungen, dem Kind die Schonhaltung abzugewöhnen und es daran zu gewöhnen, sich auch im Alltag symmetrisch zu Bewegen. Übungskonzepte, mithilfe derer dieses Ziel verfolgt werden sind die Konzepte nach Bobath und Vojta. Dies sind Konzepte, die ganzheitlich wirken und in den Alltag des Kindes eingeflochten werden sollten.
Es ist daher weiterhin enorm wichtig, die Eltern in der Physiotherapie beim kindlichen Schiefhals auch in die Therapie einzubeziehen. Sie sollten angeleitet werden, das tägliche Übungsprogramm richtig durchzuführen und auf bestimmte Umgangsformen im Alltag hingewiesen werden (man spricht auch vom richtigen „Handling“). Auch die Einrichtung des Kinderbettes und der Wohnung sollten überprüft und angepasst sein.  Weiterhin können manualtherapeutische Techniken zum Einsatz kommen, die allerdings nur von erfahrenen Kindertherapeuten durchgeführt werden sollten.

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Akuter Schiefhals

Ein akuter Schiefhals tritt auf bei:

  • einer akuten Funktionsstörung der Hals- und/oder Kopfgelenke auf
  • bei einer akuten Zerrung oder Verletzung der entsprechenden Muskulatur (meist M. Sternocleidomastoideus)
  • auch eine Infektion im Bereich Hals-Nase-Ohren mit akuter Hörminderung kann zu einem akuten Schiefhals führen

Zunächst sollte der Hals entlastet und gegebenenfalls durch eine Halskrawatte fixiert werden, sollte es sich um eine muskuläre Problematik handeln, kann Wärmeanwendung lindern wirken. Durch eine direkte Reizung der Strukturen kommt es zu einer vermehrten Muskelspannung und darauf folgend zu einer Schonhaltung. Der akute Schiefhals ist vorübergehend und verschwindet in der Regel, sobald die Grundproblematik - z.B.die Blockade gelöst ist. Therapeutisch kann die Linderung unterstützt werden durch Wärmeanwendung, sanfte Massagen und vorsichtiges Dehnen. Die Blockade kann durch manuelle Therapie oder durch osteopathische Techniken gelöst werden. Auch ohne Therapie sollte sich die Symptomatik des akuten Schiefhalses nach einigen Tagen von alleine verbessern.

Schiefhals verursacht durch einen Tumor

In seltenen Fällen kann ein Tumor in verschiedenen Regionen einen Schiefhals verursachen. Im Bereich des Hirnstamms befinden sich wichtige Schaltzentren für das Gleichgewichtsorgan, auch das Kleinhirn spielt hierbei eine große Bedeutung. Tumore, die sich in der hinteren Schädelgrube ausbreiten, können entsprechende Areale stören und zu einer Funktionsstörung führen. Diese kann sich in einem Schiefhals äußern. Auch Tumore des Rückenmarks können für einen Schiefhals verantwortlich sein. Es kann durch die Irritation des Nervengewebes zu einem spastischen Schiefhals kommen.

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Muskulärer Schiefhals

Der muskuläre Schiefhals ist eine häufige Form des Schiefhalses und kann auch bei Neugeborenen bereits auftreten. Meist ist eine strukturelle Veränderung des M. Sternocleidomastoideus ursächlich. Dieser Muskel befindet sich auf beiden Seiten am Hals dreht den Kopf zur gegenüberliegenden und neigt ihn zur gleichen Seite, eben die Bewegung in der sich der Kopf bei einem Schiefhals befindet. Es kann durch angeborene Fehlbildung oder bei Traumata während der Geburt zu Verkürzungen des Muskels kommen.
Bei Babys kann vorübergehend eine leichte Schwellung am Muskelbauch auftreten Mitunter kann das Muskelgewebe auch bindegewebig umgebaut werden, was die Dehnbarkeit und Beweglichkeit des Muskels einschränkt. Die Therapie versucht den Muskel langsam wieder auf zu dehnen und durch entsprechende Lagerung die Kopfstellung zu korrigieren. Bei zu starken Verkürzungen kann ein operativer Eingriff nötig sein, um dem Muskel zu verlängern.

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Baby Lagerung

Bei Säuglingen mit einem Schiefhals ist die Lagerung ein wichtiger Teil der Therapie. Das Kind kann seine Haltung im Alltag willentlich noch nicht beeinflussen und wird, um unangenehme Spannung zu verhindern sich durch den verkürzten Muskel immer wieder in die Schiefhalsstellung ziehen lassen. Durch eine gezielte Lagerung, die durch einen Fachmann angeleitet werden sollte, kann die Haltung des Kindes gezielt beeinflusst und unterstützt werden, sodass die Muskulatur langfristig gedehnt wird und die Halsposition verändert.
Auch die Einrichtung des Kinderbetts oder Zimmers sollte dabei berücksichtigt werden. So können Mobiles oder Spielzeug auf der „schwachen, vernachlässigten“ Seite platziert werden, um das Kind zu animieren, diese aktiv in seine Bewegungen und Aktivitäten einzubeziehen. Eine richtige Lagerung trägt einen hohen Stellenwert bei der Behandlung des kindlichen Schiefhalses. Lagerungsmaterial sollte aber dosiert und fachgerecht angewandt werden! Zu viel Material im Kinderbett kann gefährliche Auswirkungen auf das Kind haben.

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Übungen um einem Schiefhals entgegenzuwirken

Als Übung bei einem Schiefhals kann während der ersten Monate das Drehen des Babys dienen. Hierbei kann das Elternteil mit der einen Hand zwischen den Beinen ans Becken des Kindes greifen und mit der anderen an das Schulterblatt der Seite des verkürzten Muskels. Durch das Einleiten einer Drehung wird das Kind animiert den Kopf zur anderen Seite zu drehen. Gegebenenfalls kann anstatt der Fixierung am Becken mit der dann freien Hand das Kind auch zusätzlich durch ein Spielzeug animiert werden, den Kopf aktiv zur gesunden Seite zu bewegen. Anschließend wird die Drehung mit oder ohne Unterstützung durchgeführt.
Alternativ kann auch aus der Bauchlage heraus das Kind durch einen Gegenstand, z.B. ein Glöckchen gereizt werden, dass es den Kopf aus der Fehlhaltung in die Neutralstellung aufrichtet. Am besten wird hierbei der Rumpf leicht unterstützt, Zu Beginn kann auch der Kopf sanft bei der Bewegung unterstützt werden. Weiterhin sind Dehnübungen für die Halsmuskulatur Teil des Übungsprogramms. Diese sollten zunächst vom Fachmann angeleitet werden, sodass die Eltern lernen, mit welcher Intensität die Dehnungen durchzuführen sind. Besonders eigener sich auch das Vojta Konzept, welches aber einer eigenen Anleitung bedarf. Fragen Sie hierzu einen entsprechenden Therapeuten.

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Osteopathie

Osteopathie ist bei Kindern und Säuglingen eine Therapiemöglichkeit des Schiefhalses. Osteopathen setzen sich nicht nur mit dem knöchernen und muskulären Begebenheiten auseinander, sondern betrachten auch Organe und Faszien. Es handelt sich um eine ganzheitliche Behandlungsmethode. Es gibt Osteopathen, die direkt auf Kinder und Säuglinge spezialisiert sind. Sie können durch gezielte Griffe eventuelle Blockaden und Funktionsstörungen der Wirbelsäule korrigieren, aber auch Einfluss auf die Schädelplatten nehmen (Craniosacrale Therapie), das Kiefergelenk beeinflussen (Craniomandibuläre Therapie) und das Bindegewebe und eventuell beteiligte Organe behandeln. Vor einer osteopathischen Behandlung steht ein intensiver und ausführlicher Befund, der die Ursachen für den kindlichen Schiefhals individuell abklärt und ein passendes Behandlungskonzept zusammenstellt. Es gibt Krankenkassen, die eine osteopathische Behandlung bezuschussen.

Zusammenfassung

Ein kindlicher Schiefhals ist meist muskulär bedingt. Der häufigste betroffene Muskel ist der M. Sternocleidomastoideus. Durch eine Verkürzung und/oder den bindegewebigen Umbau kann die Beweglichkeit verloren gehen und der Kopf des Kindes in der typischen Schiefhalsstellung fixiert sein. Es gibt auch weitere Ursachen für einen Schiefhals wie neurologische Erkrankungen, Erkrankungen des Gleichgewichts-, Hör- oder Sehapparates und auch Tumore können für einen Schiefhals verantwortlich sein. Die Therapie richtet sich nach der Ursache. In der Physiotherapie spielen Dehnung, Aktivierung und auch die richtige Lagerung des Kindes eine große Rolle. Die Eltern sollten angeleitet werden entsprechende Maßnahmen auch zu Hause ausführen zu können. Auch osteopathische Techniken eignen sich gut zur Behandlung des kindlichen Schiefhalses.