Physiotherapie bei einer Achillessehnenruptur

Die Achillessehne ist die stärkste Sehne am menschlichen Körper. Kommt es zu einem Riss muss die Belastung extrem hoch gewesen sein oder eine Vorschädigung vorhanden gewesen sein. Es kommt zu einem kompletten Abriss oder einem inkompletten Abriss. Außerdem ist es entscheidend, ob der Riss am Übergang zum Muskelgewebe war oder vom Fersenbein ausgehend. Die Physiotherapie bei Achillessehnenruptur besteht zunächst einmal aus einem Stützkrafttraining um durch Gehstützen den Fuß völlig entlasten zu können. Anschließend wird trainiert um die bestehende Muskulatur weitestgehend zu erhalten und erst, wenn durch den Arzt die Belastung wider freigegeben ist, kann mit Kräftigungsübungen der Wadenmuskulatur begonnen werden. 

Nachbehandlung

Durch einen Ultraschall zeigt sich wie groß die Verletzung der Achillessehne ist. Die operative Versorgung geschieht durch eine Durchflechtungsnaht. Die Naht sollte in der ersten Woche nach der Verletzung durchgeführt werden. In der Nachbehandlung erhält der Patient einen Vacoped-Schuh (eine schuhähnliche Schiene). In den ersten beiden Wochen wird der Fuß in 40° Plantarflexion (Bezeichnung für die Bewegung des Fußes im Sprunggelenk in Richtung Fußsohle) gelagert.

In der Physiotherapie sollten abschwellende Maßnahmen erfolgen. Lymphdrainage oder Ausstreichungen über die Wade können dafür genutzt werden. Eine Thromboseprophylaxe ist ebenfalls besonders wichtig. Der Umgang mit den Gehstützen und dem Vacoped Schuh sollte ebenfalls erarbeitet werden.

In der 3. und 4. Woche kann mit der Minimalbelastung begonnen werden. Weiterhin bleibt der Fuß in einer 15° Plantarflexion eingestellt. Aktives und passives Bewegen des oberen Sprunggelenks ist im erlaubten Bereich möglich. Bei weiterer Schwellneigung können weiterhin abschwellende Maßnahmen genutzt werden. Eine vorsichtige Narbenbehandlung ist bei Entfernung der Fäden wichtig, um diese möglichst geschmeidig zu halten.

Vor der 5.-8. Woche wird der Fuß in Nullstellung gelagert. In dieser Phase wird die Einstellung in Dorsalextension (die Bewegung des Fußes im Sprunggelenk in Richtung Fußrücken) erarbeitet. Dazu wird meistens ein Beinachsentraining mit Hilfe einer Waage genutzt, um die Belastung nicht zu überschreiten. Dennoch ist es wichtig die endgradige Dorsalextension zu erreichen. Leichte Querdehnungen durch den Therapeuten aber auch aktive Dehnübungen können langsam mit einfließen um die Elastizität zu verbessern. Zudem sollte vorsichtig mit der Verbesserung der Muskelkraft begonnen werden.

Ab der 9. Woche wird die Orthese langsam abgelegt. In dieser Phase ist es besonders wichtig eine genaue Ganganalyse zu machen. Der Patient darf sein Fuß wieder voll belasten, hat aber wahrscheinlich Angst vor der gesamten Kraftübernahme und vor dem kompletten Abrollen. Diese Angst muss ihm genommen werden um ein physiologisches Gangbild zu bekommen. Für weitere 6 Monate sollte ein Fersenkissen in die Schuhe gelegt werden, um eine Vordehnung der Wadenmuskulatur zu vermeiden.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter: Achillessehnenruptur - die richtige Nachbehandlung

Übungen

  1. Stützübungen
    Zunächst sollte das Stützen geübt werden um mit den Gehhilfen zurecht zu kommen und den Fuß nicht zu belasten, man beginnt daher mit dem Stützkrafttraining. Das gelingt über Stützen an der Bettkante oder Stuhllehne mit den Händen oder mit Hilfe eines Therabands, was an einem Geländer oder einer Stange befestigt wird und die Ellenbogen gestreckt werden.
     
  2. PNF (Propriozeptive Neuromuskuläre Fazilitation)
    Damit der Fuß nicht belastet wird kann mit Unterstützung eines Therapeuten eine muskuläre Spannung über die Diagonale des Körpers erreicht werden (PNF-Muster). Der Patient spannt mit dem Arm nach oben außen gegen Widerstand und sorgt so dafür, dass die Spannung ins betroffene gegenüberliegende Bein weiterläuft. PNF ist eine Therapeutische Behandlungstechnik und  beinhaltet 3-dimensionale Bewegungen, die typisch im Alltag sind. Über diese Behandlungstechnik kann neben der Mobilisation auch die Kraft verbessert werden und spricht bei den Extremitäten jeweils Hand, Ellenbogen und Schulter, sowie Hüfte, Knie und Fuß an, damit eine komplette Spannung entsteht. Die Technik verläuft in eine bestimmte Bewegungsrichtung und Einstellung. Bei einem Belastungsverbot des Fußes kann dieser nicht mit in die Bewegung eingebunden werden, jedoch kann das PNF Beinmuster für die Hüft- und Kniemuskulatur ausgeführt werden. Der Therapeut führt das Bein in eine endgradige Beugung, Außenrotation und Abduktion (Abspreizen des Beines) oder Beugung, Innenrotation und Adduktion (Heranziehen des Beines)(Kombinationen müssen laut PNF eingehalten werden), dabei wird das Knie mit gebeugt und der Fuß in Neutralpositon gelassen. Daraufhin führt er das Bein wieder zurück in die gestreckte Position und wiederholt den Vorgang bis der Patient die Bewegung fehlerfrei mitführen kann. Um eine muskuläre Spannung zu bekommen lässt der Therapeut den Patienten die Bewegungsrichtung selbstständig ausführen und gibt zudem einen Widerstand in die bestimmten Bewegungsrichtungen. Die Übung kann der Patient auch ohne geführten Widerstand alleine ausüben um einen großen Kraftverlust in dem Bein zu vermeiden.
    Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter: PNF (Propriozeptive Neuromuskuläre Fazilitation)
     
  3. Fahrradfahren im Liegen: Neben den PNF-Techniken eignen sich Übungen, wie das Fahrradfahren im Liegen ohne Fußbeteiligung, für eine Muskelkrafterhaltung. Solange eine Belastung nicht erlaubt ist, dürfen keine Übungen mit Druck über den Fuß, wie bei Kniebeugen oder Bridging ausgeführt werden.
     
  4. Beginn des Muskeltrainings: Ist die Belastung freigegeben sollte die Wadenmuskulatur trainiert werden. Das Hochdrücken in den Fersenstand muss langsam erarbeitet werden, kann aber als optimales Kräftigungstraining genutzt werden. Im weiteren Verlauf wird ein einbeiniger Fersenstand die Wade intensiv trainieren. Aufgrund der längeren Ruhigstellung sollten allgemeine Kräftigungsübungen für die Fußgewölbe erfolgen. Krallen der Zehen und Aufheben von Gegenständen mit den Zehen sollten durchgeführt werden. Das Laufen auf unebenen Untergründen und Standübungen auf diesen sorgen für eine Verbesserung der Wahrnehmung und der Stabilität des Fußes.

Ab wann kann man nach einer Achillessehnenruptur mit Physiotherpie beginnen?

Die Physiotherapie bei einer Achillessehnenruptur kann direkt nach dem Riss beginnen, allerdings immer dem Behandlungs- und Heilungsverlauf angepasst. Wie oben schon erwähnt sollten in der frühen Phase der Wundheilung nur Übungen für die Arme als Vorbereitung für das Stützen oder Übungen für das gesamte Bein, als Erhaltung der Muskulatur durchgeführt werden. Wenn die Belastung gesteigert werden darf, wird automatisch durch das physiologische Abrollen die Wadenmuskulatur gestärkt. Diese kann aber über spezifische Kräftigungsübungen, wie die Wadenpresse intensiviert werden. Die Wadenpresse ist erst dann möglich, wenn die Bewegung freigegeben und ausführbar ist. Zur Verstärkung dieser Übung kann die Wadenpresse in einem Einbeinstand durchgeführt werden. Aufgrund der Schwierigkeitsstufe dieser Übung wird diese erst spät möglich sein.

Braucht man spezielle Schuhe oder Einlagen bei einer Achillessehnenruptur?

Bei allgemeinen Achillessehnenproblemen und auch nach einem Achillessehnenriss bekommen die Patienten häufig eine Ferseneinlage bei der der Fuß angehoben wird. Dabei wird die Belastung des Fußes auf den Vorfuß und den Mittelfuß geleitet. Die Materialien der Einlagen reichen von Gel, Schaumstoff bis hin zu Hartplastik und Mischmaterialien. Dabei ist es wichtig, dass diese Einlage komfortabel ist, damit sie dauerhaft getragen wird. Nicht jedes Material eignet sich für jeden Betroffenen.

Neben den einfachen Ferseneinlagen können komplexere Einlagen für den gesamten Fuß angepasst werden. Dabei wird ebenso die Ferse erhöht, um eine Entlastung zu erreichen und zudem werden Noppen im Bereich der Gewölbe eingearbeitet, die die Muskulatur entsprechend des Gewölbes stimulieren sollen. Wichtig ist, dass man sich die Zeit nimmt die Einlagen einzulaufen. Eine Verbesserung der Beschwerden geschieht nur langfristig und die ersten Tage mit den Einlagen sind mit Muskelkater verbunden.

Bei den Schuhen sollte auf Schuhe mit Absatz und auf Flip Flops verzichtet werden. Beide Schuharten belasten die Füße extrem und bilden kein gutes Fußbett. Bei Laufschuhen oder Arbeitsschuhen, die über mehrere Stunden unter hoher Belastung getragen werden, sollte auf eine genaue Passform geachtet werden. Dabei bietet sich eine Laufanalyse bei Experten an, die darauf achten, wie der Patient seinen Fuß abrollt. Bei einer bestimmter Schwäche, sollte die Muskulatur auftrainiert werden, damit ein physiologisches Gangbild entsteht. Wichtig ist ebenfalls die Schuhe regelmäßig zu wechseln und auch mal barfuß laufen. Vor allem im Sommer kann durch Laufen über Wiesen, Kiesel, Straßen und Sand die Propriozeption der Füße (Wahrnehmung der Bewegung im Raum und Wahrnehmung der Stellung einzelner Körperteile zueinander) verbessert werden und die Muskulatur dadurch aktiviert werden. Dehnübungen für den Fuß und Lösen der Faszien sind ebenfalls eine wichtige Aufgabe für eine heile Achillessehne.

Zusammenfassung

Eine Achillessehnenruptur entsteht plötzlich aus einer ruckartigen Bewegung oder aufgrund einer chronischen Grunderkrankung der Sehne. Die Ursache kann beispielsweise ein Bagatelltrauma, wie z.B. bei Ballsportarten mit schnellen Richtungswechseln oder bei explosiven Bewegungen, wie beim Start aus dem Startblock sein. Seltener reißt die Sehne durch das Abrutschen von einer Stufe oder beim Umknicken. Oft liegen dann schon Vorverletzungen vor zum Beispiel durch eine Achillodynie, Kortisongabe über einen längeren Zeitraum oder durch rheumatische Erkrankungen. Überbelastung bei Leistungssportlern kann ebenfalls eine Ursache werden, da die komplette Wadenmuskulatur nicht ausreichend regenerieren kann. Reißt die Sehne, ist meist ein deutlicher Peitschenschlag zu vernehmen, der meist über große Distanz zu hören ist. Es ist unmittelbar ein stechender, lokaler Schmerz zu spüren. Die Belastungsfähigkeit ist sofort eingeschränkt und der Zehenstand nicht mehr möglich. Oft ist eine Delle sicht- und tastbar, da die Sehne den Kontakt zum Ansatz oder Ursprung verloren hat.

Man unterscheidet einen kompletten Abriss von einem Teilriss. Die Sehne wird operativ befestigt und darf nur schonend belastet werden. Bei der Belastung sollte sich genau nach den Richtlinien des Arztes gehalten werden. Im weiteren Verlauf sind Übungen zur Kräftigung von Waden und Beinmuskulatur wichtig und Stabilitätstraining für den gesamten Fuß. Einlagen für die Schuhe können die Stabilität und Regeneration unterstützen. Wichtig ist die Wadenmuskulatur und die Faszien regelmäßig zu lockern und zu dehnen, damit die Spannung auf die Sehne nicht zu hoch wird.