Übungen aus der Krankengymnastik für die Halswirbelsäule

Eine sitzende Tätigkeit im Beruf und Alltag, der permanente Blick auf`s Handydisplay, all das in Kombination mit mangelnder körperlicher Aktivität führt häufig zu Verspannungen im Nacken und Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule. Durch diese ungleichmäßige/ unnatürliche Belastung der Halswirbelsäule entstehen oftmals Schmerzen, die langfristig zu ernsthaften verschleißbedingten Verletzungen wie z.B. Spinalkanalstenosen und/ oder Bandscheibenvorfällen führen können.

Übungen für die HWS

Krankengymnastik Übung HWS 1
Um stabilisierende Muskulatur in der Halswirbelsäule (HWS) zu kräftigen und den Strukturen der Halswirbelsäule mehr Raum zu machen indem diese gestreckt wird, liegt der Patient zunächst in Rückenlage, die Füße sind aufgestellt. Der Kopf liegt Flach auf der Unterlage. Nun wird versucht den Hinterkopf gerade nach unten zu schieben und gleichzeitig das Kinn nach hinten zu schieben wie als würde ein Doppelkinn gemacht werden. Dies streckt den Nacken und stabilisiert diesen gleichzeitig. Diese Position wird drei Mal für je 10 Sekunden gehalten. Der Physiotherapeut kontrolliert, dass der Patient den Kopf nicht in den Nacken legt – also wieder falsch belastet - und dass die Muskeln im vorderen Halsbereich locker bleiben.

  • Es existieren Geräte, welche den Druck messen, mit welchem der Kopf auf die Unterlage gedrückt wird. So kann kontrolliert werden, ob dieser gleichmäßig gehalten werden kann. Alternativ kann der Physiotherapeut seine Hand unter der Kopf des Patienten legen und so den Druck spüren. Wird diese Übung gut beherrscht, kann zusätzlich der Kopf etwas angehoben werden.
  • Außerdem kann anschließend dieselbe Übung im Sitz und im Stand geübt werden. So ist der Patient später in der Lage, in jeder Alltagssituation – wie zum Beispiel langen Autofahrten – den Nacken zu strecken. Gleichzeitig wird ihm ein das Gefühl einer geraden Halswirbelsäule (HWS) vermittelt, sodass er sich nach einiger Zeit selbst kontrollieren und korrigieren kann.

Krankengymnastik Übung HWS 2
Für die Schulung der Koordination in der Halswirbelsäule (HWS) während der Krankengymnastik wird dem Patienten ein Stirnband mit daran befestigtem Laserpointer auf den Kopf gesetzt. Er soll sich aufgerichtet vor eine weiße Wand setzen und durch Kopfbewegung mit dem Pointer eine Strecke nachmalen ohne abzuweichen. Alternativ hält der Physiotherapeut den Laserpointer und der Patient soll dem Punkt an der Wand mit seinen Augen und Kopfbewegungen folgen.

  • Blockierte Wirbel kann der Patient mittels Handtuch selbst mobilisieren. Das Handtuch wird zu einem langen Streifen zusammengefaltet und mit der oberen Kante an den Dornfortsatz des blockierten Wirbels der Halswirbelsäule (HWS) in den Nacken gelegt. Mit den Händen werden die Enden des Handtuchs stramm nach vorn gehalten, das Kinn und der Hinterkopf werden entgegen dem Handtuchzug dynamisch nach hinten geschoben und wieder gelöst. Solang dies angenehm ist, kann die Übung einige Male wiederholt werden.

Krankengymnastik Übung HWS 3
Um die Nackenmuskulatur in der Krankengymnastik zu dehnen nimmt der Patient eine aufrechte Sitzposition ein. Der Kopf wird zur Seite geneigt, sodass sich das Ohr der Schulter nähert – die Schulter wird jedoch nicht hochgezogen. Die Schulter der Gegenseite schiebt nach unten Richtung Boden. Um die Dehnung zu verstärken wird der Kopf nun zusätzlich zur geneigten Seite gedreht. Die Dehnung auf jeder Seite 30 Sekunden halten und langsam lösen.

  • Bevor die Muskulatur der Halswirbelsäule (HWS) gedehnt wird, bietet es sich an die Strukturen etwas aufzuwärmen und zu lockern, indem die Schulter und Arme einige Male nach hinten gekreist werden.
     

Weitere Übungen für die HWS mit Bild- und Videoanleitung finden Sie bei Online-Physiotherapie
 

Generell ist es wichtig, durch die Übungen in der Krankengymnastik Stabilisation von unten aufzubauen. Das heißt zuerst den Rumpf stabilisieren, Bauch und Rücken trainieren, sodass Schultern und Kopf gerade darauf sitzen können. Verkehrt ist, die Schultern mit aller Kraft hinten runter zu ziehen, so verspannt der Nacken nur umso mehr.

Lesen sie mehr zu diesem Thema unter "HWS Syndrom Übungen" und "Krankengymnastik HWS Syndrom"

Ziele der Übungen

Für die Behandlung der Halswirbelsäule (HWS) stehen je nach Ergebnissen der Untersuchung verschiedenen Ziele der Übungen im Vordergrund.

  • Wurde eine Instabilität festgestellt, muss die stabilisierende Muskulatur und eventuell die Koordination durch spezielle Übungen trainiert werden.
  • Bei Blockaden in der Halswirbelsäule (HWS) müssen diese gelöst und das Bewegungsausmaß erweitert werden.
  • Bei Verspannungen in der Halswirbelsäule (HWS) steht ebenfalls die Mobilisierung, Bewegungserweiterung und Detonisierung – also die Entspannung – im Vordergrund.
  • Bei Schmerzen sollte die Strukturen zunächst entlastet werden und die Ursache für den Schmerz herausgefunden werden.
  • Liegt hierfür eine Instabilität oder Fehlhaltung vor sollte nach Schmerzreduktion an dieser Ursache mit speziellen Übungen gearbeitet werden. Nerven in der Halswirbelsäule (HWS) können mobilisert werden, sodass die Gleitfähigkeit wieder hergestellt wird und schließlich wird auch hier die Ursache für die Kompression behandelt. 

Bei welchen Erkrankungen der Halswirbelsäule sind Übungen ratsam?

Typische Erkrankungen und Verletzungen im Bereich der Halswirbelsäule (HWS) sind zum einen der Bandscheibenvorfall, wenn durch z.B. mangelnde Stabilität und ständige einseitige Belastung Bandscheibenmaterial in den Spinalkanal, in welchem die Nerven verlaufen, eindringt. Wenn Nerven zusammengedrückt werden senden sie falsche Signale, so wird zum Beispiel ein unangenehmes Kribbeln bis Brennen in den Fingern gespürt oder einige Muskeln fühlen sich kraftlos an und können nicht richtig angesteuert werden. Je nach Ort der Missempfindung oder Kraftlosigkeit kann in der Untersuchung festgestellt werden, welcher Nerv der Halswirbelsäule (HWS) geschädigt ist oder in welcher Höhe der Halswirbelsäule (HWS) Bandscheibenmaterial ausgetreten ist. Bei Verdacht auf einen Bandscheibenvorfall sollte zunächst immer ein Arzt oder Orthopäde aufgesucht werden, welcher mittels Röntgen oder MRT die Diagnose sichern kann.

Zum anatomischen Verständnis der Halswirbelsäule

Die Halswirbelsäule (HWS) besteht aus sieben Wirbelkörpern, welche durch Bandscheiben voneinander getrennt werden. Am oberen Ende ist sie über die Kopfgelenke mit dem Schädel verbunden und unten läuft die Wirbelsäule als Brustwirbelsäule weiter. Jeder Wirbelsäulenabschnitt hat eigene Merkmale. An der Halswirbelsäule (HWS) sind besonders die ersten beiden Wirbel auffällig – der Atlas (1. Halswirbelkörper) und der Axis (2. Halswirbelkörper). Der Atlas weist als einziger Wirbel keinen Dornfortsatz auf. Der Axis hat einen sogenannte „Zahn“ auf dem sich der Atlas und somit der Kopf drehen kann und eine große Beweglichkeit ermöglicht wird. Gestützt werden die Wirbel durch verschiedene Bänder und Muskeln. Durch die Wirbellöcher rechts und links treten die Nerven aus dem Rückenmark aus, die die Arme versorgen. Des Weiteren verläuft eine Arterie, die für die Blutversorgung des Gehirns verantwortlich ist, durch die Halswirbelsäule (HWS). Diese Strukturen müssen bei der Untersuchung immer mit beachtet werden.

Weitere Informationen erhalten Sie in dem Artikel Bänder der Wirbelsäule.

Des Weiteren können durch eine instabile Halswirbelsäule (HWS) Symptome wie Konzentrationsschwäche, Schwindel, Übelkeit und Benommenheit auftreten, da durch diese Wirbel eine Arterie verläuft, welche das Gehirn mit Blut und somit auch Sauerstoff versorgt. Ist diese Versorgung durch eine Fehlstellung und Platzmangel unterbrochen oder vermindert, kommt es zu den oben genannten Symptomen. Eine Instabilität kann durch mangelnde Muskulatur, ständige Fehlhaltung oder vergangene Unfälle mit einem Schleudertrauma verursacht werden. Auch die kleinen Gelenke der Halswirbelsäule (HWS) können durch Fehlhaltung und Überlastung betroffen sein, was zu einer Arthrose führen kann, also einer Abnutzung des Knorpels auf den Gelenkflächen. In den meisten Fällen der Fehlhaltung sorgt eine verspannte Muskulatur im Nacken oder dem vorderen Halsbereich zu den unangenehmen Symptomen. Auch hier kann es zu Kopfschmerzen und Missempfindungen in Armen und Fingern kommen.

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Physiotherapeutische Diagnostik in der Krankengymnastik

In der physiotherapeutischen Untersuchung der Halswirbelsäule (HWS) werden zunächst immer die sogenannten „Sicherheitstests“ in der Krankengymnastik durchgeführt, die sicherstellen, dass wichtige stabilisierende Bänder intakt sind und die Gehirnversorgung durch die A. Vertebralis nicht gestört ist. Um die Arterie in der physiotherapeutische Diagnostik der Krankengymnastik zu testen, wird der Kopf so weit es geht zu einer Seite gedreht und leicht in den Nacken gelegt (beide Seiten müssen getestet werden). Der Patient wird aufgefordert laut bis 10 zu zählen. In dieser Position wird die Arterie zusammengedrückt, bei normaler Versorgung sollte sie jedoch trotz Kompression genug Blut ins Gehirn lassen. Bei gestörter Versorgung können während des Tests Sprachstörungen, Sehstörungen, Benommenheit oder Übelkeit auftreten. In diesem Fall sollte die Behandlung abgebrochen werden und der Patient zum Arzt gehen.

Der zweite Sicherheitstest der Halswirbelsäule (HWS) testet die Ligamenti (Bänder) Alaria. Hierfür ertastet der Physiotherapeut den Dornfortsatz des zweiten Halswirbelkörpers und neigt mit der anderen Hand den Kopf des Patienten zur Seite. Der Dornfortsatz sollte sich bei der Bewegung zur Gegenseite drehen. Bewegt dieser nicht mit, liegt möglicherweise eine Blockade in der Halswirbelsäule (HWS) vor. Der letzte Sicherheitstest in der physiotherapeutische Diagnostik der Krankengymnastik testet das Ligamentum (Band) transversum atlantis, also ein Band um den ersten Halswirbelkörper. Hierfür wird wieder der Dornfortsatz des zweiten Halswirbelkörpers ertastet. Der Kopf wird durch den Physiotherapeuten fixiert und der Dornfortsatz sanft nach vorne geschoben. Ist das Band intakt, sollte sich hier (HWS) nichts bewegen.

Sind die Tests negativ kann die aktive und passive Untersuchung aller Bewegungen der HWS (Streckung, Beugung, Drehung, Seitneigung) in der physiotherapeutischen Diagnostik der Krankengymnastik durchgeführt werden. Auch die Bewegung der einzelnen Wirbelkörper gegeneinander werden durch Manuelle Techniken getestet. Während der gesamten Untersuchung wird auf Bewegungseinschränkungen, zu viel Bewegung und schmerzhafte Bewegungen geachtet. Schließlich wird die umgebende Muskulatur der Halswirbelsäule (HWS) auf Länge und Kraft getestet. Sind die Nerven mitbetroffen gibt es verschiedenen Untersuchungen, welche die Leitfähigkeit testen und die einzelnen Nerven differenzieren können (ULNTs). Auch die Reflexe sollten in diesem Fall mit getestet werden sowie die Fähigkeit, verschiedenen Reize wahrzunehmen (Warm, Kalt, Spitz, Stumpf).

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Weitere physiotherapeutische Maßnahmen

Weitere Maßnahmen um Muskeln der Halswirbelsäule (HWS) zu lockern oder Strukturen Halt zu geben und zu entlasten ist das Tapen. In akut verspannten Fällen ist eine Wärmetherapie mittels Fango angebracht, in Kombination mit einer klassischen Massagetherapie. Dies behandelt jedoch lediglich das Symptom in dem Moment – auf Langzeit gesehen muss aktiv die Ursache mit gezielten Übungen in der Halswirbelsäule (HWS) behandelt werden. Mittels Manueller Techniken kann eine Traktion an der Halswirbelsäule (HWS) ausgeübt werden, wobei mit sanftem „Zug“ am unteren Schädel Platz geschaffen wird.

Zusammenfassung

Durch eine schlechte Haltung wird weiterlaufend oft die Halswirbelsäule (HWS) in Mitleidenschaft gezogen. Die Symptome machen sich in Kopf, Nacken und Armen bis zu den Fingern bemerkbar. Durch einfache Übungen, welche ohne weiteres Material überall im Alltag – ob im Büro oder an der Küchentheke – durchgeführt werden können, kann der Nacken entspannt und die Wirbelsäule entlastet werden. So wirkt nicht nur die Haltung viel aufrechter und stolzer, auch Schmerzen werden auf Langzeit gesehen verschwinden. Die Krankengymnastik hilft Ihnen dabei, Übungen richtig zu erlernen.