Physiotherapie bei einem Schiefhals

Von einem Schiefhals (Torticollis) spricht man, wenn die Beweglichkeit des Kopfes und der Halswirbelsäule schmerzhaft stark eingeschränkt sind, sodass der Betroffene die physiologische aufrechte Kopfhaltung nicht mehr einnehmen kann. Die Ursachen für einen Schiefhals können sehr vielseitig sein. Bei Kindern kann er sich durch eine eventuell neurologische bedingte vermehrte Muskelspannung (Hypertonus) direkt nach der Geburt entwickeln, vermutet wird auch eine Verletzung eines Halsmuskels bei der Geburt. Beim Erwachsenen können neurologische oder entzündliche Ursachen kann in Frage kommen.  Blockaden oder Dysfunktionen in der Halswirbelsäule und den Wirbelgelenken können durch Nervenreizung ebenfalls zu starken Verspannungen und schmerzhaften Bewegungseinschränkungen führen, die sich in der Schonhaltung, dem Schiefhals äußern.
Die Behandlung erfolgt kausal, also abhängig von der vorliegenden Ursache.

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Übungen

Übungen gegen den Schiefhals sollten immer erst nach einer ärztlichen Diagnostik erfolgen. Wenn sicher ist, dass es sich um einen orthopädischen Schiefhals in Folge eines akuten HWS Syndroms oder einer Muskelzerrung handelt, können Übungen hilfreich sein. Die stark verspannte Muskulatur muss dabei zunächst auf die folgende Bewegung vorbereitet werden. Um die starke Anspannung zu lösen, kann eine Wärmeanwendung vor Beginn des Trainings hilfreich sein. Auch Wärmesalben kommen hierzu gegebenenfalls in Frage und können vor oder nach der Anwendung in den Muskel einmassiert werden. Anschließend macht man sich ein Prinzip der Muskelarbeit zu Nutze, dass besagt, dass bei Anspannung des Gegenspielers der andere Muskel entspannen muss.
Um beispielsweise die linke Halsmuskulatur zu entspannen kann nun der Patient mit seiner eigenen Hand, die er auf der rechten Wangenknochen ablegt einen leichten Widerstand geben, während er versucht den Kopf gegen die Hand zu drücken. Weder Kopf noch Hand bewegen sich dabei, es handelt sich um eine isometrische Anspannung, die Muskulatur arbeitet bei gleicher Länge. Die Spannung wird 15 sec. gehalten, und anschließend wieder gelöst. Die Übung wird etwa 10 mal wiederholt.
In den Pausen zwischen den Übungen kann man, wenn versuchen den Kopf leicht aus der Fehlhaltung aufzurichten, ist dies nicht möglich, reicht die Anspannung zunächst aus und der Kopf wird erst nach der letzten Wiederholung versucht zu mobilisieren. Diese Übung nennt man Postisometrische Relaxation. Die Durchführung sollte schmerzfrei sein.

Zur Lockerung der Muskulatur und zur Anregung des Stoffwechsels, was der Schmerzlinderung dient, kann einfaches Schulterkreisen helfen, die verspannte Muskulatur zu lockern. Der Kopf kann im Anschluss versucht werden, sanft in eine mögliche Bewegungsrichtung in kleinem Umfang mobilisiert zu werden, man sollte sich zeit nehmen und das Bewegungsausmaß langsam vergrößern erst danach wird einen neue Bewegungsrichtung beübt.

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Schiefhals bei Kleinkindern

Auch bei Säuglingen kann bereits ein Schiefhals auftreten. Man vermutet eine Verletzung des Musculus Sternocleidomastoideus während der Geburt, der darauf hin verkürzt und sich sogar bindegewebig (nicht mehr elastisches Gewebe) umbauen kann. Eine zentrale neurologische Störung kann infrage kommen.
Meist äußert er sich direkt beim Betrachten des Kindes, bei leichten Varianten kann er aber auch durch eine Vermeidung des Kindes den Kopf zur Gegenseite hin zu drehen auffallen. Eine genaue Diagnostik sollte durchgeführt werden, um die Ursache zu erkennen. Die Behandlung sollte in jedem Fall frühzeitig beginnen, um Folgeschäden oder eine Manifestation durch eine dauerhafte Muskelkontraktur oder Wachstumsstörungen der knöchernen Strukturen zu vermeiden. Neben intensiver pädiatrischer Krankengymnastik können bestimmte Lagerungstechniken sinnvoll sein, bei denen das Kind gezielt durch Lagerungsmaterial unterstützt wird, den Kopf in die Mittelstellung (und zur anderen Seite) zu bringen. Die Eltern sollten sich die Behandlungs- und Lagerungstechniken zeigen lassen und nach einer Aufklärung die Übungen mehrmals täglich zu Hause durchführen, um bestmögliche Ergebnisse zu erzielen. Gegebenenfalls können auch Halskrawatte zum Einsatz kommen (eher bei älteren Kindern).

Umfassende Informationen zu diesem Thema finden Sie in dem Artikel Physiotherapie bei einem kindlichem Schiefhals

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Behandlung

Bei orthopädischen Ursachen bei Erwachsenen kann ebenfalls eine mobilisierende Physiotherapie erfolgen, begleitend können Halsmanschetten die Haltung unterstützen, Massagen oder Wärmeanwendung die Muskulatur lösen oder bei starken Schmerzen auch Injektionen von Schmerzmitteln und Muskelrelaxanzien erfolgen. Bei neurologischen Ursachen (Torticollis spasticus) kann eine tonusregulierende Krankengymnastik die Muskelspannung lösen, alternativ können Botox-Injektionen die betroffene Muskulatur lähmen und eine Aufrichtung des Schiefhalses unterstützen. Ein Schiefhals der durch eine bakterielle Infektion ausgelöst wurde, wird durch eine entsprechende Antibiose behandelt. Bei knöchernen oder therapieresistenten Ursachen kann ein operativer Eingriff nötig sein. Die Prognose der Behandlung ist stark von der Ursache des Schiefhalses abhängig.

Weitere Informationen finden Sie hier:

OP

Bei einem therapieresistenten Schiefhals bei Kindern wird spätestens im 6. Lebensjahr die Entscheidung zur Operation getroffen. Bei der Operation wird, wenn der Musculus Sternocleidomastoideus ursächlich ist, dieser an seinem Ansatz am Schlüsselbein durchtrennt um den Muskelzug auf die Halswirbelsäulenstellung zu lösen. Eine Ruhigstellung über einige Wochen ist danach indiziert. Es sollte eine stabilisierende Krankengymnastik folgen.

Orthopädisch bedingte Ursachen lassen sich chirurgisch meist gut behandeln. Bei neurologischen Schiefhals kann eine Denervierung des betroffenen Nervs hilfreich sein, hierbei wird der Nerv, verödet oder durchtrennt, sodass seine überschießende Aktivität keinen Schiefhals mehr verursachen kann. Diese Operation erfolgt erst, wenn die Behandlung mit Botox keine Wirkung zeigt.

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Botox

Botox (Botulinumtoxin A) ist ein Enzym, welches auf die Synapsen wirkt, welche für die Aktivierung der Muskulatur zuständig sind. Durch gezielten dosierten Einsatz kann die Muskulatur entspannt werden. Der Einsatz des Nervengifts ist in jedem Fall genau zu dosieren und regelmäßig zu kontrollieren, kann beim Torticollis spasticus aber für einen Symptomverbesserung über einen Zeitraum von etwa 3 Monaten sorgen. Das Problem bei der langfristigen Behandlung mit Botox ist, dass der Körper eine Immunreaktion gegen das körperfremde Enzym startet und Antikörper gebildet werden können. Die Anwendung ist dann nicht mehr möglich.

Zusammenfassung

Der Schiefhals kann durch unterschiedlichste Ursachen entstehen, häufig ist der Torticollis spasticus, der durch eine neurologische Störung entsteht und durch tonusregulierende Maßnahmen konservativ, medikamentös z.B. mit Botox oder auch operativ durch eine Denervierung behandelt werden kann. Er tritt vermehrt im Erwachsenenalter auf.
Der Schiefhals beim Neugeborenen kann durch orthopädische Ursachen entstehen, oder auch durch ein Trauma am M. sternocleidomastoideus. Es kann zur Verkürzung kommen. Eine intensive Krankengymnastik und Lagerung sollten frühzeitig beginne, um Spätfolgen entgegen zu wirken. Besonders beim Schiefhals bedingt durch ein akutes HWS Syndrom können mobilisierende und entspannende Übungen, sowie Wärmeanwendungen Linderung verschaffen.