Physiotherapie bei Migräne

Physiotherapie bei Migräne ist eine gute Ergänzung oder Alternative zur medikamentösen Therapie. Das Ziel ist es auch hierbei den Patienten die Schmerzen zu nehmen, die Zahl der Migräne Attacken zu verringern und abzumildern und somit auch die allgemeine Lebensqualität des Patienten zu verbessern. Im Bereich der Physiotherapie stehen den Therapeuten dabei verschiedene Techniken im Bereich der Entspannung, Massage und manuellen Therapie zur Verfügung um den Betroffenen bestmöglich helfen zu können.

Migräne behandeln/ was hilft?

Die erste Maßnahme der Behandlung besteht darin, die sogenannten Trigger (Auslöser) zu vermeiden. Das kann zum Beispiel bedeuten auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr zu achten oder ein erhöhtes Stresslevel zu vermeiden. Bei einer akuten Migräneattacke ist es wichtig so früh wie Möglich zu handeln. Für die Patienten bedeutet dies, dass Sie sich bereits bei den ersten Anzeichen möglichst in ein abgedunkeltes, ruhiges Zimmer zurückziehen und die entsprechenden Arzneimittel gegen Migräne einnehmen sollten. Die medikamentöse Behandlung der Migräne besteht somit langfristig aus Mitteln zur akuten Anwendung bei einer Migräne Attacke und Medikamenten zur Prophylaxe um die Anzahl der Migräneattacken zu verringern. Des Weiteren gibt es verschiedene Therapieverfahren die entweder zur Prophylaxe oder als akute Behandlungsmethode bei einer Migräneattacke angewandt werden können. Dazu gehören unter anderem alternative Heilmethoden, Phytopharma, Entspannungsverfahren, Biofeedback, regelmäßiger Sport, Akupunktur, Physiotherapie, Schüssler Salze, Migränetherapie nach Kern und eine Anpassung der Ernährung.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema in dem Artikel Migräne - das hilft

Therapie bei Migräne

Der genaue Therapieplan bei einem Migränepatienten wird immer individuell erstellt. Dazu gehört zunächst einer detaillierte körperliche und neurologische Untersuchung sowie die Führung eines Migränetagebuchs in welchem unter anderem die Dauer, Stärke, Nebenwirkungen und Begleitumstände festgehalten werden. Im nächsten Schritt wird dann ein auf den Patienten abgestimmter Therapieplan entwickelt, der neben der medikamentösen Behandlung zur Behandlung akuter Anfälle und Prophylaxe vor allem auf einer Veränderung in den Verhaltensweisen abzielt. Dazu gehören zum Beispiel:

  • Physiotherapie: Die Physiotherapie hat aufgrund der vielfältigen Therapieansätze verschiedene Möglichkeiten bei der Migränebehandlung Linderung zu verschaffen. Das sind unter anderem Entspannungstechniken zum Abbau von Verspannungen und Verbesserung der psychischen Stabilität, Krankengymnastische Übungen zur Entkrampfung und Entspannung, Lymphdrainage zur Unterstützung des Nervensystem, manuelle Therapie, Wärmeanwendungen...

  • Biofeedback:  Hierbei lernen Patienten Kontrolle über ihr vegetatives Nervensystem zu erlangen um so z.B. im akuten Migräneanfall dagegen zu steuern.

  • Akupunktur wird oft prophylaktisch zur Verringerung der Migräneattacken und zur Milderung der Schmerzen angewandt

  • Migränetherapie nach Kern: Hierbei handelt es sich um ein Konzept, wie die Migräneattacken bestmöglich selbst kontrolliert werden können. Dabei geht es unter anderem um Mentaltraining, manuelle Behandlung der Migräne und Bewegungsschule.

Mehr hierzu lesen Sie unterÜbungen gegen Migräne - Das hilft!

Entspannungstechniken

Viele Therapien werden meist durchprobiert, meist ohne Erfolg. Eine der häufigsten Ursachen für Migräne bleibt aber Stress. Als Möglichkeit sich vor Stress zu schützen ist zum einen den Stress zu reduzieren, durch Reduzierung der Arbeitsstunden oder eine Umstrukturierung des Arbeitsplatzes oder Privatleben. Oft ist es nicht so einfach möglich aber durch bestimmte Entspannungstechniken lassen sich Stresssituationen besser aushalten.

Zum einen bietet sich die Entspannung nach Jacobsen an. Dabei liegt der Patient auf dem Rücken in einer ruhigen Atmosphäre und spannt nach für nach alle Muskelgruppen des Körpers an, hält es ein paar Sekunden und entspannt wieder. Durch die Entspannung nach der Anspannung fühlt sich die Muskulatur deutlich entspannter an als zuvor.

Neben der Entspannung nach Jacobsen bietet sich Autogenes Training an. Dabei wird ebenfalls eine bestimmte ruhige Position eingenommen aber anders als bei Jacobsen soll über Gedankensteuerung eine Entspannung erreicht werden. Entweder der Kursleiter, eine DVD oder die Gedanken selbst leiten dabei an. Meist beginnt der Sprecher mit „ich bin ganz ruhig“ und die Gedanken werden dann auf die jeweiligen Körperabschnitte geschickt z.B. „meine Finger sind ganz ruhig“. Wichtig ist bei den Techniken, dass sich der Betroffene komplett auf die Entspannungstechniken einlässt.

Neben diesen beiden Möglichkeiten bietet sich auch Yoga, Tai Chi, Pilates oder andere ähnliche Sportarten an.

Übungen zur Entkrampfung

Bei einem akuten Migräneschub kommt es meist zu starken Muskelverspannungen im Rücken und Schulter-Nacken Bereich. Dagegen lassen sich Übungen durchführen. Gegen den akuten Migräneschub helfen allerdings meist nur Tabletten, Dunkelheit und Ruhe.

Gegen die Muskelverspannungen können Lockerungsübungen durchgeführt werden.
Dazu zählen

  • Schulterkreisen
  • Dehnung des M. Trapezius
  • M. Pectoralis
  • endgradiges Bewegen der gesamten Wirbelsäule
  • Dehnung des M. Trapezius wird durch das herunterdrücken der Schulter und Rotation und Seitneigung des Kopfes zur Gegenseite erreicht.

Für die Dehnung des M. Pectoralis entweder die Hand gestreckt an einen Türvorsprung und den Rumpf von der Schulter wegbewegen oder beide Hände hinter dem Rücken verschränken. Strecken und Beugen, sowie Rotation und Seitneigung der gesamten Wirbelsäule lockern die Muskelstruktur und sorgen für die Anregung des Stoffwechsels durch die Bewegung. Zudem hilft Wärme direkt auf der Muskulatur, diese zu entspannen.

Weitere Übungen finden Sie in dem Artikel Übungen gegen Migräne

Lymphdrainage bei Migräne

Bei einer Migräne kann eine Ursache ebenfalls eine Stauung der Lymphflüssigkeit im Bereich des Kopfes sein. Über bestimmte Griffe, welche das Gesicht und den gesamten Kopf behandeln, die in Richtung des Terminus gearbeitet werden, kann der Lymphfluss im Bereich des Kopfes angeregt werden. Findet die Therapie regelmäßig statt können die Migräneattacken reduziert werden.

Die Lymphdrainage kann zur zusätzlichen Therapie außerhalb der Migräneschübe dienen. Dabei sollte, wie bei jeder anderen Lymphdrainage, zuerst der Bereich des Schlüsselbeins in dem die Vena jugularis interna und die Vena subclavia vorbehandelt werden. Dieser Bereich bezeichnet man den Terminus und ist der Schlüssel jeder Lymphdrainage. Durch das Vorbehandeln diesen Bereiches entsteht eine Art Sog, wodurch der Lymphfluss verbessert wird.

Lesen Sie hier mehr über die Lymphdrainage

Manuelle Therapie bei Migräne

Neben einer Störung des Lymphabflusses oder zu hohe Muskelspannung kann auch eine Fehlstellung der Halswirbelsäule oder Kiefer häufige Migränen verursachen. Die Halswirbelsäule besteht aus 7 Wirbeln, welche mit Bandscheiben voneinander getrennt sind. Über die Facettengelenke artikulieren die Wirbel miteinander. Kommt es durch eine ruckartige oder falsche Bewegung zu einer Blockierung dieses Gelenks ist die gesamte Statik der Wirbelsäule gestört. Es zeigen sich Bewegungseinschränkungen, Schmerzen und eventuell weitere Blockierungen im BWS und LWS Bereich. Aufgrund der Bewegungseinschränkung steigt der Tonus der Muskulatur und kann durch den erhöhten Druck eine Migräne provozieren.

Ebenso ist es bei Problemen im Bereich des Kiefers. Ist die Beweglichkeit eingeschränkt und die Kaumuskulatur dadurch auch Hyperton kann die Spannung im Bereich des Gesichtsschädels eine Migräne begünstigen. Bei beiden Problemen kann durch die Manuelle Therapie die Blockade über Mobilisation oder Manipulation gelöst werden. Wichtig ist, dass die Therapie von einem zertifizierten Manualtherapeuten ausgeführt wird, da im Bereich der HWS viele kleine Gefäße laufen, die im schlimmsten Falle erhebliche Schäden hervorrufen, falls ein Fehler passiert.

Lesen Sie mehr dazu in dem Artikel Manuelle Therapie

Wärmeanwendung

Bei einer Migräne kommt es, wie schon erwähnt, zu einem erhöhten Tonus im Bereich der Schulter-Nacken Muskulatur. In diesem Bereich wird durch die Wärme der Stoffwechsel aktiviert. Dadurch wird die Durchblutung angeregt und der Tonus wird gesenkt. Zudem kann im Bereich der BWS durch die Wärme der Sympathikus gedämpft werden und das allgemeine Vegetativum verbessert sich. Der Vorteil der Wärmeanwendung ist, dass es jederzeit und nicht zu viel gemacht werden. Im Bereich des Kopfes sollte auf Wärme verzichtet werden. Ist eine Ursache für die Migräne eine Lymphabflussstörung, kann diese durch Wärme verstärkt werden und somit eine Migräne auslösen.

Lesen Sie mehr zur Wärmeanwendung in dem Artikel Wärmetherapie

Symptome einer Migräne

Die Symptome eines Migräneanfalls lassen sich in 3 unterschiedlichen Phasen zuteilen. Diese können, müssen aber nicht bei einem Migräneanfall auftreten. In der Prodromalphase (Phase in der sich die Migräne ankündigt) können betroffene unter Stimmungsschwankungen, Heißhungerattacken, Konzentrationsstörungen und Gleichgültigkeit leiden. Im Anschluss daran folgt die Phase der Wahrnehmungsstörungen (Aura), in der es zu Sehstörungen, Licht- und Geräuschempfindlichkeit, Lähmungserscheinungen sowie Sprach- und Orientierungsstörungen kommen kann. Beim darauffolgende Migräneanfall haben die Betroffenen meist auf eine Kopfseite beschränkte stark pulsierende Schmerzen insbesondere im Schläfen-, Stirn- und Augenbereich. Damit einhergehend kann es zu Übelkeit und Schwindel kommen. Die Symptome verschlimmern sich meist bei Bewegung, Licht und Lärm und halten 4 Stunden bis 3 Tage an.

Ursachen einer Migräne

Zum jetzigen Zeitpunkt sind die genauen Ursachen für Migräne unbekannt. Forscher gehen davon aus, dass die Migräne durch eine Störung im Botenstoffhaushalt des Gehirn entsteht. Auch genetische Faktoren sollen dabei eine Rolle spielen. Die schmerzauslösende Ursache bei der Migräne ist letztendlich eine Durchblutungsstörung im Gehirn die aufgrund einer Verschiebung des peripheren (im Körper) und zentralen (im Gehirn) Serotoninspiegels kommt. Auch die genauen Ursachen (Trigger) die letztendlich einen Migräneanfall auslösen sind von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Zu häufigen Migräne auslösenden Faktoren zählen zum Beispiel Stress, Schlafmangel, Flüssigkeitsmangel.

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Migräne mit Aura

Die Bedeutung des Wortes Aura kommt aus dem griechischen und meint ''Dampf''. Im Zusammenhang mit Migräne ist dies so zu erklären, dass ein Lehrer aus Galen Namens Pilops die Symptome der Aura als Dämpfe beschreibt die sich von den Extremitäten dampfartig über die Adern bis zum Kopf ausbreiten. Die Aura, die auch die zweite Phase der Migräne darstellt beschreibt neurologische Störungen die als Vorboten der Migräne auftreten können. Die Symptome während der Aura sind dabei individuell verschieden. Oftmal betreffen sie das Sehvermögen. Dazu zählen zum Beispiel verschwommenes Sehen, Blitze, Funkeln oder Formen vor den Augen und im Extremfall kurzzeitige Erblindung. Bei anderen Patienten können aber auch andere neurologische Störungen wie Taubheitsgefühle, Missempfindungen oder Kribbeln auftreten. Nicht immer müssen die Eindrücke während einer Aura von Schmerzen begleitet sein, von vielen werden sie aber als sehr als quälend empfunden.

Medikamente

Bei der Behandlung der Migräne können verschiedene Medikamente zum Einsatz kommen. Je nach Begleitsymptomen und stärke der Schmerzen entscheidet der Arzt oder Apotheker welche Therapie am erfolgversprechenden ist.

  • Paracetamol, Acetylsalicylsäure (z.B. Aspirin) und Ibuprofen bei leichten bis mittelstarken Schmerzen. Diese Medikamente sind in der Apotheke ohne Rezept zu erhalten.

  • Triptane wie z.B. Sumatriptan oder Naratriptan imitieren den körpereigenen Stoff Serotonin und verengen die bei Migräne erweiterten Blutgefäße im Gehirn. Zudem wirken die Triptane auch gegen Übelkeit und Erbrechen. Am besten ist es wenn die Triptane während der Aura Phase eingenommen werden, sie können jedoch auch noch während eines Migräneanfalls helfen.

  • Ergotamine (oder auch Mutterkornalkaloide) wirken hauptsächlich gegen die Schmerzen bei einer Migräne. Früher waren sie Mittel der Wahl bei der Behandlung von Migräne. Aufgrund der Nebenwirkungen (wozu auch Übelkeit und Erbrechen zählen) wurden sie aber bereits vor längerer Zeit von den Triptanen abgelöst.

  • Zusätzlich zu den oben genannten Schmerzmittel können zur Ergänzung der Therapie auch weitere Mittel für die begleitenden Symptome einer Migräne eingenommen werden. Dazu zählen zum Beispiel Metoclopramid gegen Übelkeit und Erbrechen sowie die Kombinationen weiterer Schmerzmittel.

Migräne in der Schwangerschaft

Während der Schwangerschaft verbessert sich für viele von Migräne geplagten Patientinnen die Anzahl der Migräneanfälle. Zurückzuführen ist dies vermutlich auf eine Veränderung des Hormonhaushaltes während der Schwangerschaft. Kommt es trotz dessen zu einem Migräneanfall gibt es verschiedenen Möglichkeiten diesen zu behandeln.

Da die Einnahme von Medikamenten aufgrund der Schwangerschaft extrem eingeschränkt und hauptsächlich auf Paracetamol und unter Umständen Ibuprofen reduziert ist, müssen die Betroffenen alternative Behandlungsmöglichkeiten der Migräne in Anspruch nehmen. Dazu gehören zum Beispiel der Rückzug in ein ruhiges abgedunkeltes Zimmer, Massagen, , Entspannungsübungen, autogenes Training und die Vermeidung der individuellen Auslöser (wie Stress, bestimmte Nahrungsmittel, großer Lärm etc.) zu meiden.

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Zusammenfassung

Insgesamt spielt die Physiotherapie vor allem bei der Migräneprophylaxe eine große Rolle. Sie kann jedoch auch beim akuten Migräneanfall dazu beitragen die Schmerzen des Patienten zu lindern. Vor allem die entspannende Wirkung hat dabei einen großen Einfluss. Die Patienten erlangen während der Therapie ein besseres Körperbewusstsein und können so selbst zur Vorbeugung der Migräne beitragen und die Schmerzen im Akutfall bekämpfen. Ein erfahrener Physiotherapeut wird bei der Migräne Therapie einen auf den Patienten abgestimmten Therapieplan entwickeln.